„Viele haben nie richtig trainiert“
„Rennradfahren ist das eine, trainieren das andere“, erklärt Dr. phil. Andreas Greiwing vom münsterschen Zentrum für Sportmedizin (ZfS). „Viele kommen zu uns, die fahren seit Jahren Rennrad und haben nie richtig trainiert, die fahren einfach drauf los, das war dann aus Trainingsperspektive komplett umsonst.“
Um besser zu werden, müsse man vielmehr in den richtigen Belastungsbereichen trainieren: Im Körper verändert sich bei zunehmender Belastung die Energiebereitstellung, die sogenannte aerobe Energiebereitstellung – also die durch Sauerstoff – steigt ab einer gewissen Schwelle an. „Einfach gesagt entsteht bei Belastung irgendwann Säure, der Körper findet Säure doof, haut ‚Natron‘ drauf, das wiederum steigert die Atmung. Bis irgendwann nichts mehr geht, dann ist die sogenannte „maximale Sauerstoffaufnahme“(Vo2max) des Körpers erreicht.“ Und je höher die ist, desto leistungsfähiger ist man folglich. „Sie haben wahrscheinlich eine Vo2max von 40–60, Profis eher über 70, Lance hatte 90.“
Trainingsziel: Vo2max steigern
Hauptziel im Rennrad-Training sei es also, die maximale Vo2max des Körpers zu erhöhen. „Deswegen ist Blutdoping auch so cool – mehr Blut, mehr Sauerstoff“, scherzt Greiwing, nicht ohne hinzuzufügen: „und zu Recht hochgradig illegal!“ Der richtige Weg sei vielmehr gezieltes Training im richtigen Belastungsbereich. Wo genau die Schwelle liegt, ist absolut individuell und kann am besten im Labor über Blutwerte und Atemzusammensetzung gemessen werden. Man kann sich aber auch mit Pulsuhr und Taschenrechner behelfen, zunehmend populär sei auch die Wattmessung. Daraus lassen sich dann konkrete Trainingsempfehlungen ableiten, Modelle gibt es unzählige. Den meisten gemein ist Zweierlei. 1) „Lang und locker“ bleibt wichtig. „Aber dann auch richtig entspannt“, mahnt der Experte, „dieses mittelschnelle Rumgegurke, was viele immer machen, bringt aus Trainingssicht leider nix.“ Und die langsamen Einheiten fährt man am besten auf nüchternen Magen: „Erst essen, wenn das Bild unscharf wird“ der nicht ganz ernst gemeinte Expertenrat. Hinzu kommen – 2) – dann circa 15 Prozent hochintensives Training – am besten in Form von Intervallen, also wiederkehrenden Phasen starker Belastung. Da darf dann auch ruhig vorher gefrühstückt und zwischendurch ein Gel gelutscht werden. In Kombination sei das sehr effektiv für die Steigerung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit, beeinflusst die Blutbildung positiv, trainiert den Fettstoffwechsel und man wird als Ergebnis nachweislich und auf Dauer schneller. Richtiges Training eben.
Mögliche Intervall-Trainings nach Dr. phil. Andreas Greiwing vom ZfS Münster
- 4–10 x 30 Sek. hohe Belastung mit je 4 Minuten Pause
- 4–10 x 30 Sek. Vollgas mit je 30 Sekunden Pause (1–3 Blöcke)
- 8 Intervalle à 20 Sekunden Vollgas mit je 10 Sekunden Pause
- 4 x 4 Minuten höhere Belastung mit je 3 Minuten Pause
- generell: 3 Wochen Belastung / 1 Woche Erholung im Wechsel
Der Artikel erschien zuerst in der HALLO Münster vom 4.9.2016 und ist der vierte Teil der Serie »Sparkassen Münsterland GIRO.2016«. Hier geht es zu Teil 1 zum Thema RTFs…, zum 2. Teil mit dem Thema Bikefitting und zum 3. Teil mit dem Thema Rennrad-Treffs in Münster.
Ein Gedanke zu „Leistungsdiagnostik & Trainingsplanung im Radsport“
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