Au! wie Ausgleich

Serie Münsterland-Giro – Teil 3: Rennradfahrerprobleme

Hannah Schütt und Ann-Christin Sieg zeigen Übungen für Radsportler
Hannah Schütt und Ann-Christin Sieg zeigen Übungen für Radsportler

Holger Krimphove ist staatlich anerkannter Physiotherapeut und Inhaber des Instituts für Manuelle Therapie in der Münsteraner Dreifaltigkeitskirche. Wir treffen ihn im Rahmen unserer Serie zum Münsterland-Giro, um über typische Rennfahrer-Wehwehchen und ein mögliches Ausgleichstraining zu sprechen. Ein paar geeignete Übungen hat er uns direkt mitgebracht.

Frage: Wir Hobby-Radsportler säßen ja am liebsten dauernd im Sattel. Aber wenn die Ausfahrten immer länger werden, ein bisschen einseitige Belastung ist das schon, oder?

Als erstes musst Du dafür sorgen, dass das Rad optimal eingestellt ist. Sattel zu den Pedalen, zum Lenker. Dann ist das schonmal minimiert. Trotzdem ist es immer so, wenn Du über einen sehr langen Zeitraum die typische Rennradhaltung einnimmst, dass der Rücken dann natürlich Höchstleistung bringen muss. Jeder, der mal länger auf dem Rad gesessen hat, weiß, dass die Lendenwirbelsäule irgendwann anfängt, sich bemerkbar zu machen. Genau dafür macht es Sinn, das Ganze zu stärken, um dann auch wieder effektiver im Sattel trainieren zu können. Was dann auch wieder mehr Spaß macht, denn darum geht es ja!

Frage: Wir haben es befürchtet. Welche Übungen wären zu empfehlen?

Wir müssen hier zuallererst zwei Dinge unterscheiden: Zum einen ist da das Rumpfmuskeltraining, auch Core-Training genannt, welches die Stabilität des Oberkörpers schult und damit ganz generell präventiv gegen jede Form von „Rücken“ wirkt. Hat für Radfahrer gleichzeitig auch den Vorteil, dass dadurch der Körper auf dem Rad stabiler gehalten werden kann. Dies kann ich statisch, zum Beispiel mit dem eigenen Körpergewicht trainieren, aber auch dynamisch, mit geringen Gewichten oder am THX-Band. Das sollte jeder ambitionierte Radsportler regelmäßig tun.

Die andere Geschichte ist die Sache mit der Maximalkraft. Die Experten sprechen hier gerne von intramuskulärer Koordination, gemeint ist damit, dass das Zusammenspiel von Muskel und Nerv verbessert werden soll. Hierdurch kann man dann auch wieder gezielt die radsportspezifischen Dinge wie Geschwindigkeit, Kletterfähigkeiten, Sprintdynamik u. s. w. trainieren. Für Radfahrer ist da zum Beispiel eine Kniebeuge mit Langhantelstange perfekt geeignet.

Frage: OK, wir geloben Besserung. Aber das Radeln soll ja weiterhin im Mittelpunkt stehen! Was müssen wir da beachten?

Die gute Nachricht: Das Training im Sattel ist durch nichts zu ersetzen. Hier gibt es dann auch wieder zwei Dinge: Zum einen die Geschichte mit dem Grundlagentraining, also die langen Einheiten bei vergleichsweise niedriger Belastung, die in erster Linie die Energiebereitstellung über den Fettstoffwechsel trainieren.

Trainingswissenschaftlich belegt ist mittlerweile zum anderen auch, dass gerade im Ausdauerbereich auch kürzere, dafür hochintensive Einheiten sehr sinnvoll sind. Da fährst Du dann einen deutlich geringeren Umfang, streust zwischendurch jedoch konsequent Phasen mit hoher Intensität ein. Nennt sich dann zum Beispiel Intervalltraining oder High-Intensity-Training (HIT), ist supereffektiv und spart Zeit ohne Ende. Und ist natürlich auch abwechslungsreicher. Vor allem, wenn ich die Intervalle auch mal am Berg fahren kann, oder eben den klassischen „Ortsschildsprint“ in der Gruppe, wo dann auch der Spaßfaktor wieder mit ins Spiel kommt. Zusammen mit dem Core- und Krafttraining wird dann auch die Geschwindigkeit merkbar steigen und Ihr werdet am 3. Oktober viele andere Fahrerinnen und Fahrer überholen, die das alles nicht trainiert haben.

Frage: Na dann geben wir mal Gas, Vielen Dank!

Gerne, viel Erfolg beim Heimrennen!

Hinweis: Die Serie ist zunächst erschienen in der HALLO.